"Meine Mutter wurde 1923 als Tochter eines Rektors und einer „höheren Tochter“ geboren. Mein Großvater hat die Begabung meiner Mutter erkannt, so konnte sie 1931 Medizin studieren, damals eine absolute Ausnahme. Er war liberal und sich aufgrund seiner eigenen Geschichte bewusst, dass Frauen ohne Ausbildung wenig Aussichten auf ein selbstbestimmtes Leben in gesicherten Verhältnissen erwartet. Als unehelicher Sohn einer Wäscherin, die unter großen Entbehrungen für die Ausbildung ihres Sohnes gesorgt hat, schätzte er den Wert von Ausbildung hoch ein. „Man soll sich immer nach oben orientieren“, war seine Devise. Leistung und Bemühen waren Kern dieser Wertehaltung.
Meine Mutter hat sich mit Ihrer Heirat für das Bild der Frau als Hüterin der Familie entschieden und ihren Beruf nie ausgeübt. Ihrem Ehemann hat sie ihr Leben anvertraut, sämtliche finanziellen Entscheidungen eingeschlossen."