Neun typische Fehler bei der Immobilienfinanzierung
Nebenkosten unterschätzt, Tilgung zu niedrig, Risiken nicht abgesichert – Fehler bei der Immobilienfinanzierung können teuer werden. Wer sie kennt, kann sie vermeiden.
Nebenkosten unterschätzt, Tilgung zu niedrig, Risiken nicht abgesichert – Fehler bei der Immobilienfinanzierung können teuer werden. Wer sie kennt, kann sie vermeiden.
Die zuletzt immer weiter kletternden Immobilienpreise konnte auch die Coronakrise nicht stoppen. Im Gegenteil: Im Juni hatte das Statistische Bundesamt für das erste Quartal 2020 noch einmal Preissteigerungen von fast sieben Prozent, in Großstädten sogar von fast zehn Prozent ermittelt.
Ob und wie sich die Krise mittelfristig auf den Immobilienmarkt, die Nachfrage und die Kaufpreise auswirkt, ist noch nicht abzusehen. Experten erwarten mehrheitlich, dass der Finanzierungszins weiterhin auf seinem niedrigen Niveau verharren wird. „Von dem niedrigen Zins sollte sich indes gerade jetzt keiner zu riskanten Finanzierung verleiten lassen“, urteilt Marc-Philipp Unger, Leiter Immobilien und Finanzierung bei MLP. Insbesondere diese typischen Fehler sollten Hauskäufer vermeiden:
Bei der aktuellen Zinssituation ist die Verlockung groß, das Eigenheim auch ohne große eigene Mittel zu finanzieren. Ein derart auf Kante genähter Plan ist aber riskant. Denn je höher die Kreditsumme, desto wahrscheinlicher ist eine Anschlussfinanzierung. Und ob der Zins dann immer noch so niedrig ist, kann keiner absehen. Bei einer soliden Finanzierung sollte die Eigenkapitalquote vielmehr zinssatzunabhängig bei mindestens 20 zzgl. Nebenkosten Prozent liegen.
Hinzu kommt: Je mehr eigene Mittel der Kreditnehmer mitbringt, desto günstiger sind oft die Konditionen. Die MLP Berater haben genau im Blick, wie sich das Eigenkapital auf die Angebote der jeweiligen Kreditinstitute auswirkt.
Wer auf Immobiliensuche ist, darf nicht nur auf den Kaufpreis schauen. Die Kaufnebenkosten können den Finanzierungsbedarf nochmal ganz schön in die Höhe treiben. Bereits die Grunderwerbsteuer beträgt je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 Prozent. Hinzu kommen die Gebühren für Notar und Grundbuchamt (etwa zwei Prozent des Kaufpreises) und unter Umständen eine Makler-Courtage (ab 3% zzgl. MwSt).
Viele Eigenheimerwerber haben keinen richtigen Überblick, was sie sich überhaupt leisten können. Eine gute Strategie ist hier, die Einnahmen und Ausgaben der letzten zwölf Monate einmal gegenüberzustellen. Bei den Ausgaben lässt man dabei die aktuelle Bruttomiete und mögliche Sparraten, die für den Hauskauf gedacht sind, außen vor. Was monatlich übrig bleibt, muss reichen, um sowohl die Darlehensrate zu bezahlen als auch die späteren Kosten für Strom, Heizung und Gebäudeversicherung sowie die Instandhaltungsrücklage. Für diese „Bewirtschaftungskosten“ kann ein Eigennutzer mit 2,00 bis 2,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche rechnen.
Wer richtig günstige Zinsen vereinbaren kann, sollte diese so lang wie möglich sichern und sich nicht mit einer zehn- oder gar fünfjährigen Sollzinsbindung abspeisen lassen. Viele Kreditgeber bieten inzwischen auch Laufzeiten von 15 Jahren an, manche sogar von 20 Jahren.
Wichtig: Unabhängig von der Laufzeit, kann sich aber jeder Kreditnehmer immer nach zehn Jahren von seinen Vertrag per Sonderkündigungsrecht lösen. Eine Vorfälligkeitsentschädigung fällt dann nicht an.
Wer wenig tilgt, muss eine niedrigere Rate bezahlen. Das ist natürlich erst einmal eine feine Sache und lässt vor allem auch hohe Kaufpreise schnell erschwinglich erscheinen. Was viele dabei aber aus den Augen verlieren: Je niedriger die Tilgung, desto länger dauert es auch, das Darlehen abzubezahlen – und desto mehr Zinsen sind am Ende auch aufs Konto der Bank geflossen. Den Plan, schuldenfrei in die Rente zu gehen, kann eine zu niedrige Tilgung daher schnell durchkreuzen. „Eine Tilgungsrate von zwei oder sogar drei Prozent sollte mindestens einkalkuliert werden“, rät Unger. Wenn noch mehr drin ist, umso besser.
Manche, insbesondere günstige Kreditangebote haben oft den Haken, dass ihre Vertragsbedingungen sehr unflexibel sind. Der Darlehensnehmer sollte auf die Möglichkeit von Tilgungssatzwechsel und angemessene Sondertilgungsoptionen Wert legen. Mehr Flexibilität sollte man sich im Zweifel auch einen geringen Zinsaufschlag kosten lassen. „Das Darlehen muss sich schließlich dem Leben und den damit verbundenen finanziellen Veränderungen anpassen lassen und nicht umgekehrt“, meint Marc-Philipp Unger. Gerade die Coronakrise hat gezeigt, wie wichtig Flexibilität sein kann.
Ebenfalls beachten sollte der Kreditnehmer, dass er sein Darlehen mit staatlichen Fördermitteln kombinieren kann. Die machen die Gesamtfinanzierung nämlich oft nochmal günstiger. Die bundeseigene KfW-Bank vergibt zum Beispiel für den Bau energieeffizienter Häuser günstige Kredite und Tilgungszuschüsse. Auch die einzelnen Bundesländer haben verschiedene Förderprogramme aufgesetzt.
Achtung: Das Baukindergeld läuft demnächst aus. Nach bisheriger Gesetzeslage müssen Bauherren oder Käufer die notwendigen Unterlagen bis zum 31.12.2020 einreichen, um die Förderung noch mitzunehmen. Die Regierung hat jedoch ganz aktuell angekündigt, den Förderzeitraum bis 31. März 2021 zu verlängern.
Gerade bei hohen Kreditsummen ist regelmäßig damit zu rechnen, dass das Darlehen am Ende der zunächst vereinbarten Zinsbindungsdauer nicht abbezahlt ist. Für den Rest braucht der Kreditnehmer dann eine Anschlussfinanzierung. Wer hier ein Stück Planungssicherheit haben und sich die heute niedrigen Zinsen für die Zukunft sichern möchte, sollte über den Abschluss eines Bausparvertrages nachdenken.
Die Raten für den Kredit müssen Monat für Monat überwiesen werden. Aber was ist, wenn einer der Verdiener zum Beispiel für eine längere Zeit krank wird oder gar stirbt? Dass die Familie dann nicht direkt verkaufen muss, sichern die Kreditnehmer über Berufsunfähigkeits- oder Risikolebensversicherungen ab.
Zwar hat die Krise die Preise für Immobilien noch nicht beeinflusst – wohl aber die Suchkriterien fürs eigene Haus. Wer noch auf Besichtigungstour ist, sollte zum Beispiel gut überlegen, ob er nicht direkt einen Raum für das Homeoffice einplant. Auch kommen jetzt vielleicht eher als vorher günstigere Gebiete weiter draußen in Frage, selbst wenn sie etwas weiter weg vom Arbeitsort sind. Wenn man nur noch ein bis zweimal in der Woche ins Büro muss, kann sich das rechnen.