Ein Angestellter in Hessen darf sich im Schnitt über knapp 40 Prozent mehr Gehalt freuen als ein Kollege in Mecklenburg-Vorpommern (siehe Grafik). Woran liegen diese regionalen Unterschiede?
Da gibt es viele Faktoren. Grundsätzlich hängt das Lohnniveau mit der Wirtschaftskraft eines Bundeslandes, der dort ansässigen Unternehmen zusammen und dem Angebot und der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zusammen. Im Osten ist zum Beispiel nicht ein einziges DAX-Unternehmen vertreten – und der Anteil von Großunternehmen mit über 1.000 Mitarbeitern ist geringer als in den alten Bundesländern. Boomende Branchen wie der Maschinenbau oder die Pharmaindustrie sind vor allem in Süd- und Westdeutschland vertreten, weshalb diese Regionen besonders gut abschneiden.
In welcher Branche bzw. in welchen Berufen sind denn deutschlandweit die Gehaltsunterschiede am geringsten (siehe Grafik)?
Das lässt sich so genau leider nicht sagen. So sind manche Branchen, wie Automotive in Baden-Württemberg, in einem Bundesland stärker vertreten als andere. Hier können Leute dann aufgrund stärkeren Wettbewerbs um gute Arbeitskräfte auch mehr verdienen als der Durchschnitt in dem Land. Auch auf Berufsebene ist eine pauschale Aussage nicht möglich. In Berufen, die viel häufiger tariflichen Regelungen unterliegen, herrschen in der Regel geringere Gehaltsunterschiede. Ganz generell gibt unser Gehaltsatlas, also unser bundesweiter Vergleich, nur eine grobe Richtung vor. Das eigene Gehalt ist immer von zahlreichen individuellen Faktoren abhängig – unter anderem vom Alter, Berufserfahrung, Verantwortung und Nachfrage.
Ist eine Angleichung der regionalen Unterschiede in Sicht – oder öffnet sich die Schere vielmehr immer weiter?
In den letzten Jahren haben wir nur eine leichte Angleichung erlebt. Große Städte in den neuen Bundesländern wie Dresden oder Leipzig profitieren zum Beispiel durch junge Abiturienten auf der Suche nach einem Studienplatz. Auch Berlin liegt bei jungen Menschen im Trend und hat eine blühende Startup-Szene. Allerdings entwickelten sich die Gehälter im Westen ebenfalls nach oben. Die Schere ist damit zwar nicht weiter auseinander gegangen, doch eine signifikante Verbesserung gab es auch nicht.
Das neue Entgelttransparenzgesetz hat die Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen stärker in den Fokus gerückt. Wie sieht es denn hier im bundesweiten Vergleich aus?
Noch ist es zu früh, um die Folgen des neuen Gesetzes valide zu bewerten. Fakt ist: Bundesweit haben wir immer noch eine unbereinigte Entgeltlücke von über 20 Prozent. Auf Landesebene hat Brandenburg mit 16 Prozent die niedrigste unbereinigte Entgeltlücke. Allerdings sind die Gehaltsunterschiede insgesamt zwischen Männern und Frauen in schwächer vergüteten Bundesländern wie Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern in der Regel geringer.
Philip Bierbach (47) ist Geschäftsführer von Personalmarkt Services, Deutschlands größter Datenbank für Gehaltsvergleiche ( gehalt.de ; gehaltsvergleich.com ). Einmal im Jahr erstellt das Unternehmen einen umfassenden Gehaltsatlas für Deutschland. Der Jurist konzipierte 1999 noch während seines Rechtsreferandariats zusammen mit Tim Böger den weltweit ersten online Gehaltsvergleich. Parallel zu seiner Tätigkeit bei PersonalMarkt engagiert sich Bierbach seit 2010 bei verschiedenen Start-Ups.
Foto: Sophia Rossberg
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